Dies ist ein Gastartikel von Christoph Wydler*.

Vergangenen Sommer reiste meine Frau auf die Lofoten, um mit Greenpeace eine Aktion gegen Ölbohrungen in der Arktis zu unterstützen. Sie dort zu besuchen war mir Anlass, auch nach Norwegen zu fahren und zudem mal die schwedische Inlandsbahn kennen zu lernen. Seit wir deren südlichen Endpunkt vor Jahren gesehen hatten, war dies mein Wunsch. Da ich auch die Norwegen-Reise meiner Frau bis Oslo organisierte, kann ich nun auf einige Erfahrung zurückblicken.

Ab Basel gibt es im Wesentlichen drei Zeitpläne, um Oslo zu erreichen.

  1. Man reist mittags weg, steigt in Hamburg um und erreicht Travemünde Skandinavienkai. (Buchen über www.bahn.de.) Von dort geht’s mit einem öffentlichen Bus zum Terminal der TT-Line, wo man zur Fähre abgeholt wird, die über Nacht nach Trelleborg in Schweden übersetzt. öV-Reisende sind da eher spezielle Fahrgäste neben Truckern, Familien mit Campern und Busreisegesellschaften. (www.ttline.de, auch Nachtessen und Frühstück lassen sich gleich mitbuchen. Wer die Ostseefähren kennt, setzt auf das Buffet!). In Trelleborg wird man auf Verlangen vom Hafenbus gleich beim Bahnhof ausgeladen. Man hat satten Anschluss auf den Regionalzug nach Malmö, von wo man weiter nach Göteborg reist. Nach kurzer Essenspause fährt um 13 Uhr der Zug nach Oslo, das um 17 Uhr erreicht wird. (Buchung von Trelleborg nach Oslo über www.sj.se, Personen unter 25 sowie Oldtimer wie unsereiner erhalten überall in Skandinavien ermässigte Tickets!) Sowohl in Schweden wie auch in Norwegen war wegen Bauarbeiten ein Busersatz vorgesehen. Darüber und über die genauen Modalitäten wird bereits bei der Buchung des Tickets bestens informiert!
  2. Der andere Zeitplan beginnt in Basel mit dem Nachtzug nach Hamburg, wo es  für einen Kaffee reicht, bevor man in den EC nach Kopenhagen umsteigt. Dort startet um 17 Uhr die Fähre nach Oslo, wo sie um 9:30 ankommt (www.dfdsseaways.de).
  3. Selbstverständlich geht es auch ohne Fähre. Dies kostet aber eine teure Hotelnacht bzw. eine Übernachtung unter einer Brücke, da zwischen Schweden und Norwegen keine Nachtzüge verkehren. Trotzdem dauert es so weniger lang, man kann Basel morgens verlassen, sucht sich in Halmstad oder Göteborg eine Parkbank und ist am nächsten späten Vormittag bereits in Oslo.

Zugegebenermassen kann eine horizontale Norwegen-Reise preislich nicht mit den günstigsten Flugtickets konkurrieren, aber es ist – ohne Interrail –bei rechtzeitiger Buchung doch ab ca. Fr. 150 (Fähre) bzw. 110 (Parkbank) machbar. Wo aber das Zugticket den Flug locker schlägt, beschreibe ich später.

Eine Musikerin, die ich aus Basel kenne, gab am Abend meiner Ankunft in Norwegen ein Konzert. Also reiste ich sogleich weiter von Oslo nach Hamar, eine Kleinstadt eine Stunde nördlich Oslo. Das Zugticket musste ein Automat ausspucken, wobei ich sehr schnell unaufgefordert von einer freundlichen Bahnangestellten unterstützt wurde.

Da Tickets in Norwegen (www.nsb.no) nur erhältlich sind, wenn auch Platz ist im Zug, konnte ich nicht den Morgenzug nach Trondheim nehmen. Dies verschaffte mir die Gelegenheit, mich umzusehen. Hamar liegt an einem See. Nicht weit vom Bahnhof wird man an die Schweiz erinnert.

Dass Norwegen ein reiches Land ist, wird später bei der einzigen Sehenswürdigkeit dieses Ortes klar, der Ruine einer Kirche. Ein riesiges Glasdach überspannt sie.

Glasdach über der Kirche

Ein Dieseltriebzug befährt die Nebenstrecke nach Trondheim, auch er selbstverständlich mit Kaffeeautomat ausgerüstet, bezahlt wird ebenso selbstverständlich mit Kreditkarte. Die Landschaft wirkt durchaus mitteleuropäisch, obwohl wir uns bereits auf der Höhe von Alaska befinden. Grund ist der Golfstrom, welcher längs der Küste nach Norden fliesst.

Die langen Sommerabende erlaubten auch nach dem Nachtessen ein recht ausgedehntes Sightseeing. Berühmt sind die Häuser an den Kanälen

Kanal in Trondheim

und die Nidarskirche mit dem Grab des heiligen Olaf, wohin die berühmten König Olafs-Wege führen, welche viel begangene Weitwanderwege sind.

Nidarskirche in Trondheim

Und überdies besitzt Trondheim die nördlichste Tramlinie der Welt. Mein Hotel lag ideal beim Bahnhof. Der Service war aber schlecht, das Zimmer lausig und das „Frühstück“ bestand aus einem Sandwich und einer Dose Fruchtsaft, welche in einer Plastiktüte aussen an die Türe gehängt worden waren.

In Trondheim besteigen oder verlassen viele Touristen die Schiffe der Hurtigruten, was ich mir für später aufsparte. Ich fühle mich noch nicht reif für eine Kreuzfahrt. Stattdessen freute ich mich auf die Nordlandbahn, die von Trondheim noch 750 km nach Norden bis Bodø führt. Norwegen ist riesig! Diese Strecke wurde in vielen Etappen gebaut, auch durch die Deutschen während des Weltkriegs. Eigentlich sollte sie mindestens bis Narvik weiter gehen, aber das Projekt wurde 1990 vom Parlament gestoppt. Die Grünen wollen aber die Pläne reaktivieren.

Auf der einspurigen Strecke fahren nebst Güterverkehr pro Tag zwei Züge in beide Richtungen, je einer am Tag und ein Nachtzug. Fahrzeit beinahe zehn Stunden. Die Züge haben IC-Qualität und führen ein Restaurant mit. Obwohl Norwegen ja kein Billigland ist, kostet die Fahrt weniger als 100 Franken im Sitzwagen. Da die Küste sehr zerklüftet ist, fährt man meist etwas im Landesinneren. Die Vegetation erscheint immer alpiner, obwohl man sich ja wenig über Meereshöhe befindet.

Kurz vor Bodø überquert man den Polarkreis. Der Hafen der Stadt wurde einst von einer trutzigen Burg im Meer bewacht.

Burg in Bodo

 

 

Von hier könnte man mit dem Bus weiter nach Norden in Richtung von Narvik fahren, oder aber die Schiffe der Hurtigruten besteigen, die Narvik nicht anlaufen, sondern Svolvaer, die Hauptstadt der Lofoten ansteuern. Die liegt eher im Osten der Inselgruppe, während mein Ziel eher im Westen lag. Also benützte ich die Fähre nach Moskenes, wo ich kurz nach Mittag ankam (Buchung unter http://www.torghatten-nord.no/english/). Von dort ging’s mit dem Bus weiter. (Alle Infos zum öV in Nordnorwegen unter http://www.177nordland.no/).

Die Lofoten empfingen mich – nicht unerwartet – grau in grau, aber nichts desto trotz sahen die typischen farbigen Häuschen malerisch aus.

Bald erreichte ich das Camp der norwegischen Jugendorganisation „Natur og Ungdom“, welche ihr 50-jähriges Bestehen feierte, wo auch die „Arctic Sunrise“ von Greenpeace vor Anker lag.

Angekommen auf den Lofoten

Thema war die Vorbereitung einer Aktion gegen die Erteilung von Bewilligungen für Oelbohrungen in der Arktis. Sie wurde später von Greenpeace bei einer Bohrinsel durchgeführt, wo die AktivistInnen prompt von der norwegischen Polizei verhaftet wurden.Am Abend erreichte ich dann Narvik, den grossen Hafen, und genoss die Abendstimmung von der Bar auf dem Dach eines Hotels aus.

Als Special Guest durfte ich die „Arctic Sunrise“ besuchen, was wohl nicht vielen Personen möglich ist. Als Eisbrecher hat das Schiff sechs Meter Tiefgang, was das Anlaufen des kleinen Hafens verunmöglichte. Pikanterweise handelt es sich dabei um einen ehemaligen Robbenfänger, der seinerzeit von Greenpeace attackiert worden war. Der Eigner verkaufte das Boot unter der Bedingung, dass es nicht an Greenpeace gelangen dürfe …

Da die Lofoten mittlerweile durch Brücken verbunden sind, empfahl sich eine Busreise zum Festland. Sie dauerte einen vollen Tag, und bot bei bestem Wetter schöne Ausblicke auf Fjorde und Seen.

Ausblick über die Fjorde

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Abend erreichte ich dann Narvik, den grossen Hafen, und genoss die Abendstimmung von der Bar auf dem Dach eines Hotels aus.

Abendstimmung im hohen Norden: Narvik

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

*Dies ist ein Gastartikel von Christoph Wydler. Er ist engagiert im Vorstand der IGÖV (Interessensgemeinschaft öffentlicher Verkehr) und im Verkehrsclub beider Basel, pensionierter Chemielehrer. Selbst beschreibt er sich «seit jeher am 
öffentlichen Verkehr interessiert reise ich zu Land und zu Wasser durch 
Europa. Dabei versuche ich auch zu belegen, dass diese Art sowohl 
zeitlich wie finanziell eine valable Alternative zum Flugzeug ist».